Mehr Personal für Polizeibasis

Veröffentlicht am 05.04.2012 in Kreisverband

Von Siegfried Volk, Südkurier

Eingehend erläuterte Innenminister Reinhold Gall (SPD) bei einer Veranstaltung des SPD-Kreisverbandes die Eckpunkte der Polizeireform. „Durch die Reform erhält jedes Polizeirevier zwei zusätzliche Beamte“, nannte Innenminister Reinhold Gall das aus seiner Sicht wichtigste Ergebnis der geplanten Polizeistrukturreform.

Für das Sicherheitsempfinden der Bürger sei die sichtbare Präsenz auf der Straße das entscheidende Kriterium. Gall erläuterte bei einer Informationsveranstaltung des SPD-Kreisverbandes im Gasthaus „Linde“ in Göggingen vor etlichen Gemeinderäten und Polizisten die Eckpunkte der neuen Struktur, die eine Konzentration von landesweit 12 Polizeipräsidien vorsieht. Der Kreis Sigmaringen gehört wie die Landkreise Ravensburg, Bodenseekreis und Konstanz künftig zur Polizeidirektion Konstanz.

Vehement meldete sich Bürgermeister Thomas Schärer aus Sigmaringen zu Wort, der sich von der Standortentscheidung tief enttäuscht zeigte. Bekanntlich verliert die Kreisstadt nicht nur die Polizeidirektion, sondern wurde auch bei der Standortauswahl für das Sonderpräsidium Technik nicht berücksichtigt, obwohl man in der Bundeswehrkaserne eine kostengünstige Immobilie angeboten habe, wie der erboste Rathauschef erklärte. Er habe viele Briefe geschrieben, Gespräche geführt und sei von Ministerpräsident Winfried Kretschmann ausdrücklich ermutigt worden, dass sich Sigmaringen um das Sonderpräsidium bewerben sollte. Man solle sich doch anschauen in welchen Wahlkreisen die neuen Polizeidirektionen liegen, warf er Minister Gall vor, die Standortentscheidungen „politisch“ getroffen zu haben. „Durch den Bundeswehrabzug verlieren wir 187 zivile Arbeitsplätze und durch die Polizeireform nochmals 50“, sieht Schärer dies als Politik gegen den ländlichen Raum.

„Sigmaringen wäre fachlich der falsche Standort gewesen“, wies Gall die Vorwürfe einer politisch motivierten Standortentscheidung als Unterstellung zurück und mahnte „redlich zu argumentieren“. Er lobte den Einsatz und die fachlich fundierten Argumente von Schärer und auch Landrat Dirk Gaerte zugunsten von Sigmaringen, aber letztlich hätten die räumliche Nähe zum Landeskriminalamt sowie die vorhandene Infrastruktur den Ausschlag für Stuttgart gegeben. „Auf der Karte sehen sie sechs schwarze Punkte, darunter die Hundeführerstaffel“, bejahte Gall etwas genervt die Frage, ob die Hundeführerstaffel in der Region, sprich in Pfullendorf bestehen bleibe.

„Ich stehe zu der Reform, die kriminalgeografisch passt“, machte Gerd Stiefel, Leiter der Polizeidirektion Sigmaringen deutlich. Wichtig sei, dass man mit den betroffenen Mitarbeitern „sensibel“ umgehe. Etliche Beamte nutzten die Gelegenheit ihrem obersten Dienstherrn ihre Skepsis mitzuteilen. Man habe schon viele Reformen erlebt, aber derzeit sei die Personalsituation so schlecht wie nie, zweifeln die Praktiker, ob durch die Reform tatsächlich 900 Beamte zusätzlich „auf die Straße kommen.“ Welche Alternativen ältere Beamten oder auch Teilzeitbeschäftigte hätten?, die nicht nach Konstanz pendeln wollten, wurde mehrfach gefragt, worauf Gall letztlich energisch darauf hinwies, dass jeder Beschäftigte des Staates wisse, dass das Personal stets der Aufgabe zu folgen habe. Er respektiere die Bedenken, aber es gelte die Polizei zukunftsfähig zu machen. „Gebt der Reform eine Chance“, appellierte SPD-Kreisrat Matthias Seitz, der bei der Staatsanwaltschaft als Dezernent tätig ist, an seine Berufskollegen.

Der Erste Landesbeamte Rolf Vögtle sieht den ländlichen Raum durch die Verlagerungen und Standortentscheidungen allerdings weiter auf „dem absteigenden Ast“. Der Kreis Sigmaringen habe in den vergangenen Jahren 10 000 Einwohner verloren und man rechne mit einem 30-prozentigen Rückgang der Schülerzahlen.

Konsequent beantwortete Reinhold Gall jede Frage und erhielt für seine offene und direkte Art viel Beifall. Vom SPD-Kreisvorsitzenden Stephan Binsch gab's als Geschenk ein Paar rote Boxhandschuhe.