Die SPD-Fraktion in Bad Saulgau kämpft für die Geburtenstation!

Veröffentlicht am 26.06.2021 in Kreisverband

Diese Woche tagte der Saulgauer Gemeinderat öffentlich zum Thema Geburtenstation. Wir kämpfen dafür, dass sie in Bad Saulgau bleibt! Hier können Sie die Rede unserer Fraktionsvorsitzenden Helga Brey nachlesen:

"Sehr geehrte Frau Schröter,
sehr geehrte Frau Bürkle,
sehr geehrter Herr Dr. Faust,
sehr geehrter Herr Stalla,
meine Damen und Herren,

auf meine Anfrage am 20. Mai im Gemeinderat Bad Saulgau, ob es stimmt, dass ab Sommer keine Geburtstermine mehr im Krankenhaus Bad Saulgau angenommen werden können, haben Sie Herr Dr. Faust am 25.05. folgendes geantwortet:

Ich zitiere aus einem Schreiben an Frau Schröter:

„Die Meldung ist falsch, dass keine Geburten mehr angenommen werden. Wir hatten selbst in der stärksten Corona-Beanspruchung keine Einschränkungen der Geburtshilfe in Bad Saulgau vorgenommen. Außerdem setzen wir weiterhin mit hohem Aufwand Leihkräfte zur Stabilisierung der Situation ein.“

Diese Aussage war dann leider bereits am 07.06. mit folgenden Sätzen an Frau Schröter überholt.

Ich zitiere wieder aus einem Schreiben von Herrn Dr. Faust:

„Ich muss sie darüber informieren, dass wir keine Leih-Hebammen mehr für die Geburtshilfe in Bad Saulgau bekommen. Daher verlagern wir die Geburtshilfe zum 01.07. nach Sigmaringen.“

Nur so viel zur Ausgangslage!

Bei aller gebotener und notwendiger Sachlichkeit ist eine gewisse Emotionalität, Wut und Enttäuschung in der Diskussion verständlich.

Die SRH, der Aufsichtsrat und der Landkreis stehen in der Verantwortung. Vor allem in der Verantwortung gegenüber den Menschen in unserem Landkreis. Sie tragen Verantwortung gegenüber den schwangeren Frauen und gegenüber den ungeborenen Kindern und ihren Familien. Sie tragen aber auch Verantwortung gegenüber ihrem Personal.

Diese kurzfristige Entscheidung löst Ängste, Sorgen und einen großen Vertrauensverlust aus. Wer, frage ich Sie, kümmert sich um diese werdenden Mütter mit ihren Familien? Wer nimmt sie an „der Hand“ und betreut sie in dieser Situation? Wir haben am Dienstag mit schwangeren, betroffenen Frauen vor dem Krankenhaus Bad Saulgau gesprochen. Wir haben diese Ängste verspürt und erfahren, dass sich diese Frauen sehr gut überlegen, wo sie ihr Kind gebären wollen. Das Kreiskrankenhaus Sigmaringen wird es sicher nicht sein. Der entstandene Vertrauensverlust ist viel zu groß!

Verlorenes Vertrauen bei dieser Vorgehensweise ist sehr schwer wieder aufzubauen auch wenn es sich „nur“ um eine temporäre Schließung handeln sollte. Das glaubt allerdings im Moment sowieso niemand.

Was geschieht mit unseren Beschäftigten am Standort?

Wie wird mit ihnen umgegangen? Wie wird Wertschätzung vermittelt? Sind die MitarbeiterInnen bereit eventuell nach Sigmaringen zu wechseln oder orientieren sie sich viel mehr zeitnah an andere Kliniken, wo sie dann auch ihrer Ausbildung gemäß eingesetzt werden und mindestens eine tarifliche Bezahlung erhalten.

Die beschriebenen Personalengpässe in der Geburtshilfe Bad Saulgau sind hausgemacht und von Sigmaringen hört man Ähnliches. Dass eine langjährige Mitarbeiterin in Rente geht oder eine andere Hebamme nach über 30-jähriger Betriebszugehörigkeit gekündigt hat, diese Info ist sicher nicht vom Himmel gefallen. Das war schlicht und einfach bekannt!

Wie sieht es mit der Bezahlung der Beschäftigten aus? Ist es richtig, dass Leih-Hebammen von anderer Stelle subventioniert werden und dadurch deutlich mehr verdienen?

Erklären sie uns doch bitte warum jetzt plötzlich keine Leih-Hebammen mehr gefunden werden können. Oder ist es nicht vielmehr so, dass ohne gewisses Stammpersonal, ein Betrieb mit

Leih-Hebammen nicht aufrechterhalten werden kann? Das ist allerdings meine persönliche Interpretation.

Warum wurde das Modell mit Beleg-Hebammen nicht konsequent weiterverfolgt? An anderen Klinikstandorten in der Region ist das durchaus möglich! Hier möchte ich nur Ravensburg und Friedrichshafen erwähnen. Nach nur einem Gespräch wurde dieses Modell anscheinend aufgegeben.

Wie verhält es sich mit notwendiger Personalbereitstellung, die bei Gründung des SRH Klinikverbundes zugesichert wurde? Was investiert der SRH-Klinikverbund in die Ausbildung

von Hebammen? Wie ist die Aussage zu werten, dass sich an den drei Klinikstandorten nichts ändert, bevor das

medizinische Konzept vorliegt?

Und spätestens hier kommt auch die große Verantwortung des Landkreises ins Spiel. Der Aufsichtsrat steht in der Pflicht und vor allem unsere gewählten Kreistagsmitglieder müssen jetzt eingreifen. Das Personalproblem in Saulgau ist kein Saulgauer Problem, sondern betrifft den ganzen Landkreis mit seinen Klinikstandorten. Wir fordern Sie, Frau Landrätin auf schnellstmöglich eine Sondersitzung des Kreistags einzuberufen.

Es bestehen Verträge und die sind einzuhalten!

Ohne eine funktionierende Geburtshilfe fehlt dem Krankenhaus Bad Saulgau eine wichtige Stütze zum Erhalt des Standortes. Die Geburtenzahlen in unserem Krankenhaus sprechen eine eigene Sprache und wir stehen hier alle in der Verantwortung.

Warum kommen so viele Frauen nach Bad Saulgau? Sie fühlten sich bisher in unserem Krankenhaus gut versorgt und betreut. Das hat sich allerdings seit der Ankündigung zur temporären Schließung grundlegend geändert.

Wir sind ein ländlich strukturierter Flächenlandkreis und unser Einzugsgebiet orientiert sich nicht an Landkreisgrenzen. Deshalb muss auch in Zukunft diese Versorgung gewährleistet werden.

Sie, Frau Bürkle, haben hier die politische Verantwortung und die hört nicht an irgendeiner Kreisgrenze auf, sondern hier muss landkreisübergreifend gehandelt werden. Es geht um die Gesundheit und die Grundversorgung von Menschen.

Im neuen Koalitionsvertrag der Landesregierung, den Sie, Frau Bürkle, mitverhandelt haben, wird ausdrücklich auf die Bevölkerung und deren Versorgung im ländlichen Raum Bezug genommen. Hier ist schnelles Handeln erforderlich.

Was passiert, wenn der einzig verfügbare RTW eine schwangere Frau in Zukunft nach Ravensburg oder Sigmaringen transportieren muss (wie erst vorletzte Woche passiert) und in Bad Saulgau ein weiterer schwerer Notfall eintritt?

Wie wird diesem schwerkranken Menschen dann geholfen? Wir haben keine Zeit auf mögliche Projekte vom Land zu warten. Wir erhoffen uns eine schnelle und unbürokratische Unterstützung. Sei dies durch einen Zuschuss oder sonstige Kostenübernahmezusagen vom Land oder vom Landkreis. Vor allem der Landkreis ist zum Handeln aufgerufen!

Es werden Fakten geschaffen, bevor die Strukturen in den entsprechenden Gremien besprochen werden. Dies darf und kann nicht sein! Die folgenschweren Personalfehlplanungen der letzten Jahre werden nun auf dem Rücken junger Familien, kranker Menschen und dem jetzt schon stark belasteten Personal ausgetragen. Eine temporäre Schließung schwächt unseren Standort nachhaltig und die Versorgung der Schwangeren in der Fläche ist nicht gewährleistet.

Wie kann es sein, dass Mitglieder des Fördervereins Stellenanzeigen schalten um Personal zu finden? Wie ist es zu erklären, dass Mitglieder des Gemeinderates sich mit Stellenvermittlern in Verbindung setzen, um Personal zu gewinnen. Das ist zwar als Unterstützung ein guter Ansatz, aber

wir haben ja keinerlei Kompetenz, um Gespräche zu führen und Personal einzustellen. Wir können Kontakte herstellen, aber das ist dann schon alles. Was jahrelang versäumt wurde ist nun nicht in drei Wochen wieder aufzuholen.

Das kann und darf nicht sein! Das ist ihre Aufgabe Herr Dr. Faust! Es ist mir bekannt, dass Sie in den letzten Tagen verstärkt an anderen Kliniken nach schneller Hilfe angefragt haben, aber das kommt um Monate oder Jahre zu spät. Warum wurde das Gespräch mit Hebammen, die in einem Beleg-System arbeiten nicht stärker verfolgt und erst jetzt nach massivem Druck wieder aufgenommen?

Und spätestens hier stellt sich auch die Frage: Wer bewirbt sich noch auf eine Stelle in Bad Saulgau, wenn die Standortfrage und der Erhalt der Klinik nicht geklärt ist? Wenn MitarbeiterInnen kündigen und sich bei anderen Arbeitgebern neu orientieren. Wer will in einem auseinanderfallenden Team arbeiten?

Eine temporäre Verlagerung der Geburtshilfe nach Sigmaringen ist keine befriedigende Antwort auf die bestehende Situation. Zumal es im Krankenhaus Sigmaringen bereits jetzt zu Engpässen

in der Versorgung kommt und für Juli noch kein Dienstplan erstellt werden konnte. Die verbleibenden Hebammen aus Bad Saulgau retten auch diese Situation nicht. Die ca. 700 Geburten pro Jahr sprechen eine eigene Sprache und belegen den dringend notwendigen Erhalt unserer Geburtshilfe. Diese zusätzlichen Geburten können vom Klinikum Sigmaringen gar nicht geleistet werden!

Wir brauchen für die Zukunft ein Konzept das die medizinische Grundversorgung in der Raumschaft Bad Saulgau sicherstellt und zukunftsorientiert ist.

Es ist für unseren Wirtschaftsstandort und als Mittelzentrum von herausragender Bedeutung, dass wir auch zukünftig eine Geburtsstation vor Ort anbieten können. Arbeitgeber aus Bad Saulgau weisen zu Recht darauf hin, dass der Erhalt auch für die Gewinnung von qualifizierten Arbeitskräften von zentraler Bedeutung ist. Nicht nur die Geburtshilfe steht hier im Fokus, sondern auch der Erhalt der medizinischen Grundversorgung im Krankenhaus Bad Saulgau.

Mit über 9500 geleisteten Unterschriften innerhalb von 14 Tagen, beweist die Bevölkerung, dass sie vehement hinter dem Erhalt unseres Klinikstandortes steht.

Der Ummut und die Ängste sind groß, aber sehr verständlich."